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Protokoll 11_6_2014

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7:47 Geweckt durch schwere Gewitter. Der Regen rauscht, eine Umkehrung von Duschvorhang.

10:30 Gespräch mit Herrn Goos wegen der Pflanzdemolierung am Caravan. Ersatz ist versprochen & muss dann realisiert werden. Wir bekommen ein neues Set Schlingpflanzen… evt. Ein paar Gräser…

Mails, Uploads, Fotobearbeitung. Warten auf wetransfer. Schnitt von Garteninterview mit Ehepaar Potempa. Frau Hammel vom Kassenhaus muss noch mal gefragt werden…

12:00 Warten auf wetransfer. Plan heute: Dekorationsstände auf LGS. Schaffe es nicht in die Literatur reinzulesen. Dickes Buch zum Pflanzenpressen mitgenommen. Der gelbe Ziertabak muss da rein… und einiges andere.

In Bäcker-Interview vom Kahlgrund/Spessart reingehört. Mächtiger Ortsstolz, auch schon bei der Handkäs-Dame. „Heimat“ ein wichtiges Wort hier… vielleicht auch anderswo.

Foto vom Kassenwärter I fehlt noch, der sitzt nun wohl an der Hauptkasse: Dort vorbeifahren (und anhalten). Auf dem Rechner explodieren die Dateien, wie üblich. Ein diszipliniertes Ordnungssystem fehlt.

Fichte kurz gelesen: Scharfumrissene Momente. Meint man nur, dass da mehr passiert, weil es fremder ist/in Brasilien spielt? Auf der LGS gibt es keine Transvestiten in den Büschen – nicht soweit ich beobachten könnte. Nicht mal heimlich pinkelnde Rentner. Oder ist es der Stil? Oder ist es die himmelschreiende Armut, die jede Beschreibung, jeden Dialog wie mageres Stroh durchlagert – und hier – in Hessen, Gießen, LGS, der dicke, träge, satte Lehm des mitteldeutschen Wohlstands.

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Frau H. vom Kassenhaus dagegen sagte: „Nee, ich seh nur das, was ich auf meinem Arbeitsweg von einem Eingang zum anderen seh. Wenn ich hier privat rein will, muss ich zahlen wie andere Besucher und 15 Euro sind ja nich wenig. Und nach der Arbeit… da will ich dann nach Hause.“

13:00 Auf dem Weg ein vom Sturm umgewehter Kunstleitpfosten. Im Studio. Schwätzchen mit neuem Security-Mann am Tor. Wer nicht professionell aus dem Überwachungssektor kommt, ist doch stets dankbar für eine kleine Unterhaltung. Immer wieder Fragen nach der Frequenz von Datscharadio.

13:50 Stream läuft wieder… die Nachtigall. Dachte schon, die kommt von draußen. Akustischer Fake.

Plan: Neuer Pflanzplan für Caravan… uh. Dann Dekostände, dann Editieren von Files, Fotobearbeitung, Text. Pflanzensammeln.

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14:25 Zwei Studenten des Instituts für angewandte Theaterwissenschaften auf dem Bänkchen zu Besuch. Interview. Mitte Zwanzig, die ersten Studenten zu Gast. Thea und Georg sind auf Mission, der geheime Limonadenbaum muss gepflanzt werden. Weitere Ziele der beiden: Golfspielen, Till Schweiger auf der LGS sehen und billigen Sekt trinken. Wir sprechen über Punk, DIY, Gräber, Gold, Guerilla-Performances, Rituale, Schrebergarten-Enteignungen, Stadtpolitik und noch 50 Sachen mehr. Scharfsinn und Albernheit halten sich die Waage. Inhalte werden aus dem Stehgreif improvisiert und an der Grenze zwischen Unsinn und Ernsthaftigkeit ausbalanciert. Am Ende vergesse ich, ein Foto zu machen.

15:30 -18:30 Aufbruch zu den Dekogegenständen. Auf dem Weg: Gespräch mit einem Gästeführer. Foto. Fotos aus von drei lustigen Damen auf einer Bank. Verfolgung zweier älterer Damen mit schwer fremdländischem Akzent. Es stellt sich heraus, dass sie aus Unterfranken kommen. Kein Foto erlaubt.

Auf dem Weg grüßen mich die Gärtner bereits und fragen ob alles ok ist. Herr Hüssein und sein Kollege sind ohne Maschinen unterwegs und pflegen stattdessen Beete.

Interview mit dem Herrn, der die Gartenscheren verkauft. Ein Mann vom Fach. Später, viel später stellt erzählt er, dass er eigentlich Gartenarchitekt ist… „die Karriereleiter herunter gefallen“. Ich frage nicht warum. Die Gartenscheren sind super, ich kann daumendicke Äste einhändig durchschneiden und das Mikro in anderen Hand halten.

Gästeführer (links) und sein Bekannter

Gästeführer (links) und sein Bekannter

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Gegenüber verkauft ein junges Mädchen Blumenzwiebeln und diverse Dekorationsgegenstände. Sie ist Chinesin, aber in Gießen geboren, studiert Krankenhaushygiene und hat Freude an ihrem Aushilfsjob auf der LGS. Lilien sind im Moment ihre Lieblingsblumen, einen Garten hätte sie gern.

 18:55 Will Besucher beim Gießener Biozön befragen, aber es ist niemand da. Der Fluss führt Hochwasser vom Regen letzte Nacht. Ein junger Mann läuft vorbei. Das Wasser rauscht. An der Lichtkirche wird vom Pfarrer der „Regenbaum“ repariert: Eine Düse im Geäst einer Eiche versprüht zu bestimmten Zeiten Wasser. Interview. Foto.

Pflanzen sammeln: Salvia, Nicotina, Dill, Asphodele.

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19:30 Zurück im Studio. Abendpunsch. Files sichern, schneiden. Ein Pulk Besucher mit zwei Bollerwagen, in denen Sektflaschen und andere Getränke lagern gruppiert sich um den Wohnwagen. Reges Interesse. Ich höre, was ich von vielen höre: „Endlich ist mal jemand da… Sonst sind Sie ja immer weg!“ Meine Kamera geht nicht, Speicher voll. Also bitte ich die Gäste, ihre Fotos selbst zu machen und mir zu Dokumentationszwecken zu schicken.

20:00 Will hier einpacken. Der Gedanke noch, wieso morgens die Gedanken so anders sind als abends. Da war ich vertieft in „Musings“ über die Situation der Ethnografin. Was ist davon inszeniert, was davon naturgemäß gegeben? Und ist sie einsam? Aber das ist es nicht, was ich meine. Es ist entfleucht. Bis zum nächsten Morgen, oder nicht. Einpacken.

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23:52 Endlich Textidee. Wie üblich aus dem Wirrwarr der Sätze, die sich im Kopf formen, und, einmal hingetippt, plötzlich einen Gedankengang erkennen lassen. Nein, keinen Gedankengang… – eine Passage aus dem Denken heraus.

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8:15 Schlafmangel. Mails. Uploads, Sichtungen Material. Fotobearbeitung. Check Farben/Belichtung, Scharfzeichnen, Sichern, Version fürs Web.

13:00 Aufbruch zum Bahnhof. Besuch im Heimatdorf Fechenheim/Frankfurt steht an. Und: Gartenexkursion Enkheimer Straße im Stadtteil Bornheim

14:25 Wegbeschreibung_SMS  für den Garten:

„Eulenweg hoch, dann die Enkheimer Str.. Letzter Garten links vor der Autobahnbrücke.“

19:20 Orientierung über die Karte auf dem Smartphone. Fachwerkhäuser in Alt-Bornheim. Links schwere Tasche, rechts schwere Tasche (Getränke und Grillgut). Dann die Enkheimer Straße. Falsches Schuhwerk. Häuser und Vorgärten weichen einem Schrebergelände. Jogger, Radfahrer, keine Fußgänger. In der Luft liegt das stete Brausen und Rumpeln der Autobahn, deren Trasse den Horizont auf halber Höhe schneidet. Im Himmel darüber kreuzen Flugzeuge, von fern eine Ringeltaube. Ich laufe nun barfuß.

Die Gartentore links sind überhangen von Brombeerbüschen, dahinter sieht es schattig aus und still. Rechts eine 2m hohe Hecke, hinter der ein Bananenhain liegt… Was sonst sollte man eigentlich in einer mittelhessischen Gartenkolonie erwarten. Foto.

19:35 Niemand und nichts in Sicht. Ratlose Telefonate. Welches ist der richtige Garten?

19:45 Treffe die Gärtnerin, Problem gelöst. Von der kiesigen Brache unter den mit Graffiti verzierten Brückenpfeilers führt links ein weiterer Weg ab. Und dort ist es dann. Ein Schattengarten. Funkien, Fingerhut. Mehr Gäste kommen, Grill, Wein.

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22:00 Aufbruch Richtung Gießen. Der Mond steht diesig im Osten. Der Zug ist voll.

23:34 Gießen im Fussballfieber. Kneipe am Eck hat Leinwand aufgebaut. Ich hole mir ein Bier und schaue die letzten 20 min. Brasilien-Kroatien. Jungvolk. Neben mir ein älterer Herr mit schwarzer Hautfarbe, der das Spiel ernsthaft verfolgt. Nach dem Abpfiff allgemeiner Aufbruch.

0:00 letztes Posting auf dem Blog.

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Wetter: Sonnig, 29 Grad, windstill.

Unwetterwarnung für den Nachmittag: Erhöhtes Risiko für örtlich STARKE GEWITTER, an denen es zu STARKREGEN um 15 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit, kleinkörnigem HAGEL und STURMBÖEN um 80 km/h kommen kann. Vereinzelt sind Unwetter durch SCHWERE GEWITTER mit HEFTIGEM STARKREGEN um 30 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit, HAGEL mit Korndurchmessern um 4 cm und SCHWEREN STURMBÖEN um 100 km/h möglich.

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10:00 Uploads, Mails, Telefon, Gespräch Bücherei und Mobile Albania. Mögliche Interviewtermine werden gesucht.

12:00 Ankunft des Postboten. Endlich Hubert Fichtes “Petersilie”! und weitere Fachliteratur.

14: 02 Zusammentreffen mit dem stellvertretenden Geschäftsführer der Landesgartenschau auf dem Gelände. Auf die Frage, was er zu der Demolierung der Sendestation zu sagen hat, hebt er die Hände und sagt, er “halte sich aus allem heraus” – mit Verweis auf den leitenden Geschäftführer und den Gärtnerchef. Eine durchaus konventionelle Methode der Problemverdrängung. Kein Wort der Entschuldigung oder auch nur des Bedauerns.

Nach dem Besucherstrom der Pfingstfeiertage liegt der Rasen nahezu verlassen in der Sonne. Nur vereinzelt kommen Besucher vorbei. Das Radio der Schrebergärtner hinter der Hecke ist deutlich zu hören.

Gegen 15:00 tuckert ein Rasentraktor auf einen Meter an den Caravan heran. Die gärtnerische Leitung unter Herrn Goos hat einen Abgesandten geschickt, der den Schaden vor Ort begutachten soll. Herr Braune besieht sich das Desaster und, soweit er kann, erklärt er es – in mittelbreitem Sächsisch:

“Also, das kann nur gekommen sein, weil diese Wiese hier, da sind ja Blumenzwiebeln drin… und diese Wiesen sollten dieses Wochenende abgemäht werden. Aber das hier (schaut auf tote Clematis)… und der Eimer… total kaputt. Nee, des kann ich och nicht erklären. Da muss ich mich entschuldigen, des tut mir leid.”

Auf die Frage, ob er gewusst hätte, dass 2 Meter um den Caravan herum nicht gemäht werden sollte: “Nee, das nicht.”

Herr Braune macht noch einige Vorschläge von gärtnerischer Seite und ist allgemein sehr aufmerksam und freundlich. Er kommt ursprünglich aus Thüringen, wo er eine eigene Gartenbaufirma hat. Auf der Landesgartenschau übernimmt er für ein halbes Jahr die AUfsicht über die gärtnerischen Pflegearbeiten. Ich machte ein Foto von ihm und dem Rasenauto und denke mir, mal sehen, was noch passiert.

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15:30 Ein Ausflug zur Kleingartenkolonie ist geplant. Wasserflasche, Aufnahmegerät, Kamera. Ein übergewichtiger Mann in hellgelben T-Shirt und verschwindend dünne Begleitung schlendern eilig vorbei. Der Ventilator surrt, aber ich bin mir nicht sicher, ob nicht von fern schon Donnergrollen zu vernehmen ist. Die Befestigungsleinen der Antenne flattern in einer aufkommenden Brise. Bei dem Versuch, sie anzuziehen: Ein weiteres Zeugnis des Amtlichen Vandalismus:

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16:28 Endlich Aufbruch.

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18:53 Rückkehr zur Station. Interviews/Kurz-Gespräche mit

  • der Dame an den Toiletten, ursprünglich aus Litauen.
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  • den Gestaltern der Floristenhalle
  • zwei Gärtnern der Kolonie “Freizeit und Erholung”
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  • ein gescheitertes Gespräch mit dem Chef der Gartenkolonie, Herrn Gräf. Eine Tischrunde bei dem Eigentümer desselben Gartens, dessen Radio wir hier immer mithören. Eine bis zum Rand mit Misstrauen angefüllte Situation. An Fotografieren war nicht zu denken.
  • einem gastfreundlichen Ehepaar der Kolonie “Freizeit und Erholung”, das ausdrücklich nicht fotografiert werden wollte. Ursprünglich aus Schlesien, haben Herr und Frau Potempa ihren Garten seit 15 Jahren hier. Es enspann sich ein Gespräch über ihr Leben, gefolgt von einer Führung durch den Garten.
  • der Kassendame am Schalter “Quellgarten”, Frau Hammel. Mutter von 4, Großmutter von 5 Kindern, gelernte Zahntechnikerin, Scheidung, Schlaganfall und andere Unbillen wurden gemeistert. Am liebsten arbeitet sie im Kassenhaus am Haupteingang, da sei mehr los. Nun macht sie sich weniger Stress und dann, nach der Gartenschau, kommt “was eben so kommt”.
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Wetter: Sonnig, 36 – 40 Grad. Feuchtheiß. Kein Wind.

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11:00 Klein-Kahl gehört mit Schöllkrippen und Edelbach zum Kreis Aschaffenburg und hat eine Einwohnerzahl von etwa 400. Der Kahlgrund an sich ist eine Landschaft im nordwestlichen Spessart in Bayern und Hessen in Deutschland. Die Distanz zu Gießen beträgt knapp 100 km. Wir fahren durch weitgehend flache Agrarlandschaften bis am Ende der Reise die bewaldeten Höhenzüge des Spessarts sich aus dem Dunst lösen.

12:00 Ankunft in Klein-Kahl. Das Handkäsfest ist bereits am Ortseingang ausgeschildert. Eine Kiesstraße führt zum Festgelände: Bierbänke und Tische, ein großes Zelt mit weiteren Tischen und Bänken und einem Küchenbereich im vorderen Teil. HIer befinden sich eine Kasse, an der zunächst für den Handkäs gezahlt wird. Man bekommt eine Quittung für den Handkäs (4,80 Euro) und für den Teller/Brettchen-Pfand (2,50 Euro). Hinten im Zelt spielt eine Zweimannband in Lederhosen, Besetzung Gitarre, Akkordeon plus Playback, moderne Volkslieder mit teils anzüglichen Texten. Die Verquickung von Romantik und Sexuellem geht friedliche Wege: “Und wenn es dann passiert, schlaf ich in deinen Armen ein”. Es ist laut und weil es auch nicht regnet, sitzen die meisten Gäste draußen.

Das Handkäsfest ist traditionellerweise immer an Pfingsten und dauert 3 Tage. Unser Informant ist bereits “ein bisschen durch”.

Angeboten wird nebem dem Handkäs selbst gebackener Kuchen, regionaler Honig und das Brot aus dem Original-Lehmbackofen des Herrn Stengl. Und Apfelwein im Bembel, selbstverständlich.

12:40 Interview mit Frau Grass, die die Tradition des Festes im Namen ihres Vaters weiterführt. Das Fest besteht seit 22 Jahren, 95 % der Gäste kommen aus dem Umkreis und werden “auch schon mit Handschlag begrüßt”. Wir sprechen über die Herstellung des Handkäs’ und über die Bedeutung regionaler Produkte.

13:05 Interview mit Bernd Stengel, dem Bäckermeister, der für die zweitwichtigste Spezialität der Region verantwortlich ist: Das “Holzhackerbrot” aus reinem Roggennatursauerteig. Den Lehmofen hat er selbst gebaut, und auch das Holz für die Befeuerung wurde anfangs noch von ihm selbst gehackt. Mit seinen Produkten ist er auf drei Wochenmärkten, darunter auch der Wochenmarkt in Offenbach/Main, unterwegs. Auf die Frage nach einem Foto reagiert er professionell: Ein Brot wird aus dem Auto geholt, auf die Schaufel platziert und der Mann stellt sich in Positur.

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–> Die Original-Interviews werden auf dem Stream noch bereit gestellt.

14:00 auf dem Rückweg zum Haus des Informanten: Gartendekorationen. Im Falle des Vorgartens am Ortseingang Edelbach sind Pflanze und Dekoration nicht mehr klar unterscheidbar. Die beiden scheinen auf eine tautologische Art miteinander vertauscht. Eigenwillig auch: Spielzeugautos als Ausschmückung in Nähe der Gartenpforte bei einem anderen Garten. Kontrastierend: der Künstlergarten unseres Gastgebers mit selbst geschnitzter Skulptur in Verwilderung.  Figur und Gegenstand im Bild – ein Kajak – sind nicht inszeniert, sondern einfach “so gelassen worden”. Aspekte von Zeit und Verwitterung kommen ins Spiel, die gerade kein ständiges “Update” des Status quo verlangen.

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19:40 Entlang der E41, im Nirgendwo zwischen Daxberg, Schöllkrippen, Mömbris: Überraschende Pflanzarchitekturen einer dysfunktionalen Feuerwehrzufahrt (?) oder Sackgasse ins Land. Angesiedelt hat sich vorwiegend wilde Kamille.

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21:00 Speichern der Files, Editieren, Foto-Uploads. Mails.

Ca. 23 Uhr: Wolkenbruch. Ton-Aufnahme  Regen im Hof. Im Abziehen des Gewitters noch Wetterleuchten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Der hessische Handkäs kommt in flachen Fladen einher, die idealerweise noch den Abdruck der Hände ihres Machers tragen. Er wird mit klein gehackten Zwiebeln versehen und mit Essig und Öl übergossen, gern wird Kümmel hinzugefügt. Man kann ihn in diesem Gemisch noch weiter reifen lassen oder auch eher verzehren. Der hessische Handkäs ist verbreitet in ganz Hessen, und stellt eine eher deftige bis heftige Angelegenheit dar. Die “Musik”, die im Namen des Gerichts “Handkäs mit Musik” enthalten ist, bezieht sich auf die Fürze, zu denen der Darm des Genießers nach Ende der Mahlzeit gerne neigt. Der Kümmel ist das Hausmittel dagegen. Handkäs wird mit gutem Graubrot und Butter gegessen, wobei das tropfende Gemisch mit dem Messer auf die gebutterte Brotscheibe aufgetragen wird. Auf gar keinen Fall isst man den Handkäs “extra” mit Messer und Gabel.

Im Zuge kulinarischer Neuerungen wurden, dies vor allem im Raum Gießen, über die Schüssel hinaus reichende Kreationen geschaffen. Das “Hessenschnitzel” etwa – mit Handkäs überbacken oder auch: mit Handkäs und Sauerkraut nach Art von Medaillons gefüllt. Oder die Pizza mit Handkäs.

Die heutige Exkursion in den Spessart offenbarte eine bislang fremde Form des Handkäs: Der Kahlgrunder Handkäs.  Es ist klar, dass sich in der Begegnung einer hessischen Forscherin mit einem sozusagen bayrischen Handkäs* Kulturformen aufeinandertreffen, die von keiner Seite mehr unvoreingenommen analysiert werden können. Die Kahlgrunder verteidigen ihren Handkäs als den originalen, echten Handkäs. Während die Frankfurter (oder auch Gießener, Mainzer, Wiesbadener, Offenbächer usw.) selbstredend ihre Servierform des Käse hochhalten. Die Ethnografin kommt aus Frankfurt, hat zwar im Elternhaus keinen Handkäs gegessen, sich jedoch mit Verlassen ihrer Heimatstadt umso konzentrierter der heimischen Küche gewidmet. Die Begegnung mit dem Kahlgrunder Cousin führte noch vor dem ersten Bissen zum Kulturschock.

Gereicht wird ein Teller/Schüsselchen, in dem der Handkäs – mit Pfeffer überstäubt – als weicher, rundlicher Laib in einem Sahne- und Schmandgemisch mit kleinen Zwiebelstückchen schwimmt. Ein traditionelles Brettchen gehört dazu, auf diesem liegt eine reichliche Portion Brot.

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Die Konsistenz des Kahlgrunders ist weich…  Auch die Farbe ist heller und der Geschmack: Sehr viel milder! Auf der Zunge ereignet sich die Ahnung eines Bitzelns, der Blick auf die Schnittfläche im Käse lässt eine leichte Blasenbildung im Gewebe erkennen. Es stellt sich bald die Empfindung ein, man esse etwas Lebendiges, eine Lebensform, eine Auster oder etwas gänzlich Außerirdisches.

Hier exemplifiziert sich die innere Zerrissenheit der Ethnografin. Wie soll sie über etwas berichten, dass ihr deshalb “fremd” vorkommt weil sie das “andere” besser kennt? Was soll das heißen? Und wohin soll oder kann es führen? Befangenheit! Schmeckt ihr der fremde Käse nicht? Doch, durchaus! Doch das Seltsame, das Neue, das Unheimliche – weil eben nicht heimische –, auf dem Teller nimmt im gleichem Maße zu wie die Masse abnimmt. Ungefähr nach dem Verzehr der Hälfte des Käses, wobei das Brot zur Gänze aufgegessen wird, ist die kritische Grenze erreicht.

In der Folge wird ein Interview mit der Tochter des Handkäsfestbegründers geführt. Es zeigt sich, dass der hessische wie auch der Kahlgrunder Handkäs so unterschiedlich gar nicht sind. Die Zutaten: Quark, Salz, Natron. Dazu Gewürze, über die strikt geschwiegen wird. Und der Unterschied zwischen den beiden besteht grundsätzlich darin, dass der Käse in seiner hessischen Variante nach seiner Herstellung getrocknet wird, während der Kahlgründer frisch aus dem Trog auf den Teller kommt. Und was die Präferenzen angeht, ob nun in Schmandsauce oder anders: Auch der “bayerischere” kann mit Essig und Öl angemacht werden. Gutes Brot ist wiederum bei beiden essentiell.

Frau Grass hat die Tradition des Kahlgrunder Handkäsfestes von ihrem Vater übernommen.

Frau Grass hat die Tradition des Kahlgrunder Handkäsfestes von ihrem Vater übernommen. 

*(denn auch wenn die Grenze zwischen Hessen und Bayern in dieser Region sich von Dorf zu Dorf schlängelt und allgemein eher unscharf verläuft, liegt Klein-Kahl (ein 400-Seelen-Dorf) offiziell auf der bayrischen Seite)

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Notiz #18

Gespräch vor 3 Minuten mit einem jungen Mann, ca. 16-18 Jahre alt

Jg. Mann: Und die Musik hier… ist eher so Kunst…, ja?

– na, wie du es sehen willst, ist nicht alle Musik Kunst?

Jg Mann: Naja. Ist ja hier kein Pop oder so.

– Nein. Es gibt ja auch experimentellere Formen von Musik. Oder es hängt von der Definition ab. Manche sagen “Musik ist organisiertes Geräusch.”

Jg. Mann: Das ist aber eine sehr weite Definition.

– Ja. Kann man ja auch mal drüber nachdenken…

Jg. Mann: Hm.

– Kennst du John Cage?

Jg. Mann: Jaa, da… also… ich kenne einen Cage, der ist Filmschauspieler.

– Das ist Nicolas Cage.

Jg. Mann: Und dann gibt es noch so einen Countrysänger, glaub ich.

– Das ist Jonny Cash. Der ist super. Den mein ich aber nicht… Es gibt auch noch John Cage.

Im Anschluss erzählt die Ethnografin die kleine Geschichte von 4:33, die der Student mit erstaunt hochgezogenen Augenbrauen sich anhört.

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Wetter: 26 Grad, sonnig. Temperatur im Caravan: geschätzte 36 Grad. Himmel: diesig.

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10 Uhr: Bildbearbeitung, Uploads, Mail

11: 36 Autokolonnen und Besucherschlangen vor den Eingängen. An der Bühne heute eine VA verschiedener Gruppierungen. Verleihung des Preises für ehrenamtliche Tätigkeit. Stände von Wildwasser e.V. und der Initiative “Demenzfreundliche Kommune e. V.”

12:00 Ankunft Caravan. Anblick: Zerstörung! Das Rasenpflegeteam der Landesgartenschau hat trotz gegenteiliger Anweisungen die Bepflanzung (und die Gegenstände) rund um den Caravan vollständig niedergemäht. Alle Pflanzen verloren!

Zustand der Ethnografin: Verstört und wütend.

13:23 Offizielle Beschwerde eingereicht. Meditationen über das Arbeiten im Feld: Die Forscherin kommt zurück und findet die Station von uninformierten Gärtnertrupps demoliert vor. EIn interessantes Schlaglicht wird hier geworfen auf den Stellenwert von Forschung und Kunst auf dem Gelände der Landesgartenschau.

Abgesehen davon ist der Studienplan des heutigen Tages durcheinander gebracht.

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13:00 Ein Reporter der Wetzlarer Zeitung kommt, macht sich Notizen und zeigt sich überrascht über die Einrichtung einer Radiostation auf der LGS. Auch hier wird erst mal angenommen, wir machten auch offizielle Durchsagen… in Anbetracht der Situation ein Witz.

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14:00 Interview mit einem Meister der Friedhofsgärtnerinnung hier über die Schaugräber. Führung und Gespräch über neue und alte Trends sowie alternative Gestaltungsmöglichkeiten. Anschließend Gespräch mit jungem Steinmetzmeister über Leben,Tod und Grabgestaltung.

15:20 Eisessen. Eine Gruppe von Kindern und Erwachsenen sitzt im Schatten einer Baumgruppe auf Stühlen und singt Lieder zum Gärtnern. Initiative “Unser Dorf soll schöner werden und wachsen”.

16:10 Gespräch und Interview im Zelt des Gärtnertreffs. Es ist heiß und mir tropft das Wasser nur so von der Stirn. Die Herren derweil plaudern entspannt ins Mikrofon. Im Hintergrund die übliche Rockband mit Soundcheck.

19:04 Rückkehr von Gespräch mit Herrn Dreier von Agenda 21. Über Torf und torffreies Gärtnern und die “Denaturierung” des modernen Menschen, der eben nicht mehr mit den Händen im Dreck wühlt.

Iphone funktioniert nur noch, nachdem es minutenlang in den Luftstrom des Ventilators gehalten wird.

DIe Ethnografin beschließt: Es ist Zeit für einen kalten, kleinen, karibischen Punsch. Später noch Mobile Albania II.

 

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Wetter: Sonnig, feuchtwarm. 28 Grad.

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8:35 Zustand: Erschöpft, wenig Schlaf. Langsam im Denken. Kaffee

10:00 Bearbeitungen der Soundfiles, Mails, Uploads. Kabel fehlt für iphone, alle Bilder müssen via Mail geschickt werden. Sortieren von Fotos. Plan für Nachmittag: Einkaufen, Exkursion zum Südsee.

17:30 Ankunft Südsee. Billigste Charts abgespielt von Party in der Nähe des Campingplatzes. Himmel hat sich zugezogen, weißes Blei. Es riecht nach: Holunder, Heu, mit einer Note Bratwurst. Die Vegetation ist üppig: Wilde Karden, Heckenrosen, Angelika, Nesseln und Gräser. Botanischer Rundgang.

Bei dem Gebiet handelt sich um eine typische mittelhessische Auenlandschaft. Die Seen sind z.T. ehemalige Kiesgruben, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Lahn und stellen nur eines der Naherholungsgebiete im Raum Gießen und Wetzlar dar. Ein Bachlauf, der Kleebach, fließt versteckt unter Weiden.

Punkte markieren botanische Exkursion.
Punkte markieren botanische Exkursion.

Rückkehr gegen 21 Uhr. Abendessen. Fotobearbeitung. Bestimmung und Katalogisierung der Pflanzen auf nächsten Tag verschoben. Uploads.

Ansichten des Habitats sowie typischer Bäume und Buscharten:

Vorläufige Ansichten typischer Pflanzen dieses Gebiets:

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