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(Übersetzung folgt) Another rainy day and a visit to the Sabatini Gardens in the western part of Madrid, close to the Palace del Rey. I went there intrigued by some pictures showing topiaries and I was not disappointed.
Beheaded cypresses flank the paths, darkly clothed guards of sharply trimmed hedges and the enclosed ponds that hold water spluttering ananas shaped stone sculptures.

I have a weak spot for topiaries, especially when they sprout extra twigs or have “faults” that turn them even more into seemingly animate beings. Another feature of the garden are the sculptures of quite a dozen of Spanish kings that obstinatly turn their backs to the tourists and visitors and look across the main pond at each other. Wrapped in their white, often cracked and partly patched cloaks, they royally withstand the rain, evidently glad for having escaped from a much more boring surrounding, an ordinary storage space.

As far as common information goes I’ll just share this wiki note with you:

The Jardines de Sabatini are part of the Royal Palace in Madrid, Spain, and were opened to the public by King Juan Carlos I in 1978. They honor the name of Francesco Sabatini (1722–1797), an Italian architect of the 18th century who designed, among other works at the palace, the royal stables of the palace, previously located at this site.

In 1933, clearing of the stable buildings was begun, and construction of the gardens begun, which were only completed in the late 1970s. The gardens have a formal Neoclassic style, consisting of well-sheared hedges, in symmetric geometrical patterns, adorned with a pool, statues and fountains, with trees also disposed in a symmetrical geometric shape. The statues are those of Spanish kings, not intended originally to even grace a garden, but originally crowding the adjacent palace. The tranquil array is a peaceful corner from which to view the palace.

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¡Hola Jardineros! Machen wir einen Spaziergang mit Alberto Peralta zu “Esta es una Plaza” in Madrid, einem Gemeinschaftsgarten in der Nähe des Medialab Prado. Die Wolken hängen heute tief, die Leute kuscheln sich unter ihre Regenschirme, doch hier in der Calle Doctor Fourquet, 24, ist die Luft erfüllt von Sägegeräuschen, Gesprächen und dem Platschen der Schuhe in sandigen Pfützen.

Der Gemeinschaftsgarten “Esta es una plaza” bestand fast 40 Jahre als páramo (städtische Brache). Vor 10 Jahren beschlossen die Einheimischen, sie in einen Garten zu verwandeln. Es gab, wie Alberto mir erzählte, sogar finanzielle Unterstützung seitens der Stadt für die Gärtner, aber diese entschieden so unabhängig wie möglich zu bleiben … also ist sogar noch etwas Geld übrig. [unglaublich!!!]

Der Garten ist etwa 1000 Quadratmeter groß und umgeben von bemalten Backsteinmauern. Darin stehen neben einem halben Dutzend junger Obstbäume und sorgfältig gepflegter Beete auch mehrere in Handarbeit konstruierte Bauten für die Arbeit, Mahlzeiten und Schutz vor Wind und Regen.  Es gibt auch einen Spielplatz und sogar ein Theater in hinteren Teil des Gartens. Die Kerngemeinde zählt etwa 30 aktive Mitglieder, aber nicht alle sind Gärtner. Einige kümmern sich um Beetumfassungen und Bauten, andere meistern die Logistik oder auch die Außenküche oder beides, wenn es darum geht, die Früchte des Gartens untereinander zu teilen: Im Sommer und Herbst werden regelmäßig Mittags- und Abendessen organisiert.

Auffallend sind die Wandgemälde und Graffitis, die ebenfalls aus der Gemeinschaftspraxis dieses Gartens hervorgehen: Wer zu “Esta es una Plaza” beitragen will, tut dies, indem er seine/ihre Idee vorstellt – und bekommt dann (in den meisten Fällen) einen Zeitraum und Ort zur Verfügung gestellt um sie zu realisieren. Die Künstler*innen dürfen bis zu 6 Monate an ihrem Werk arbeiten. Die große Holztafel, die die Sechsfüßler unserer Gärten illustriert, wurde vor übrigens vor 4 Jahren von einer Biologin namens Zeeba geschaffen. Ähnlich freie Arrangements gelten für Workshops, Konzerte und Theaterstücke … und sicherlich verdanken auch einige der überall verstreuten DIY-Gartenkunstwerke ihre Existenz dieser freizügigen Praxis.

Eine Besonderheit des Orts ist der Kakteengarten, der von Antonio Alfaro entworfen wurde und seitdem liebevoll von ihm gepflegt wird. Hunderte sorgfältig angeordneter Exemplare leben hier auf drei Steinterrassen, in Gemeinschaft mit weiteren Sukkulenten und – wie ein zweiter Blick offenbart – einem “Club” unaufdringlich charmanter Artefakte … una lagartija (Eidechse) … un erizo (Igel) … und mehr. Das erstaunliche botanische Wissen, das sich in der Kakteenlandschaft zeigt, erklärt sich schnell: Antonio ist  Mitglied der “Cactófilos” oder mit anderen Worten der ASOCIACIÓN CACTUS Y SUCULENTAS DE MADRID :)

 
 
 

 
 
Nach mehr als 10 Jahren aktiver Gemeinschaft ist es daher kaum eine Überraschung, das auch das Radio-Kollektiv von Radio Hortelana “Esta es una Plaza” für sich entdeckte. 2014 veranstalteten sie ein Live-Radio-Event vor Ort mit Interviews, Konzerten, Vorträgen und einem Blog, der auf ihre Podcasts verlinkt ist.

Weitere Radio-Gardening-Nachrichten in den nächsten Tagen und Wochen. Definitiv bevorstehend ist dieser Open Call:
    
  • Ein internationales Kurzfilmfestival über Urban Gardening!
  • Humus Film Festival beginnt am 16. März 2018
  • In Madrid in “La Casa Encendida”
  • Open Call bis 5. März

Dank an Alberto für diesen Tipp!

 

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***Am Anfang war das Radio ***

Einige sagen, im Inneren hätte sich etwas bewegt, sie sagen, der brodelnde Erdkern hätte ein Ei ausgerülpst, und dass dieses zart-spröde Ei zerbrach, um einen Wurm ans Licht zu bringen – die zweifache Schlange in eins gewunden – und dieser schlängelnd in den Boden entlassen, habe alle Elemente durchdrungen bis hin zum Äther, tiefgrabend und emporstrebend zur gleichen Zeit. (Einige sagen aber, es sei umgekehrt gewesen).
Doch die Sonne und die Felsen und die Sterne wissen, dass es auch schon davor Radio gab, und der Atommüll wird (neben anderen Dingen) noch unseren (nicht-menschlichen) Nachfahren davon künden, dass Radio dann immer noch ist, selbst dann.

Der letzte Tag des Festivals sah das Studio nach draußen in den Garten umziehen, die Zehen in der Erde, die Stimmen in der Luft. Das Tagesthema war dreiteilig: Verlangsamung, Nachdenken über Materialitäten, die Vorstellungskraft anwenden.

Radio geht uns voraus und überdauert uns. Und eignet sich für das Imaginäre, weil es sich auch noch über unsere wildesten Vorstellungen hinaus ausdehnt. Eingedenk solcher Zeiträume sind wir gezwungen, über das hinaus zu denken, was wir wissen, gewusst haben und vielleicht wissen könnten. Es ist eine wunderbare Gelegenheit für das, was Donna Haraway „spekulatives Fabulieren“ nennt (das mit dem radiosendenden DNA-Wurm habe ich erfunden).

Am verlockendsten an diesem sogenannten Anthropozän finde ich die seltsame und zugleich ironische Wirkung, die es auf uns Menschen ausübt, indem es uns über uns hinaus denken lässt, über unsere Zeit und unseren Raum hinaus hin zu der Materie innerhalb und außerhalb unseres Planeten und seiner Umgebung.  Es drängt uns weiter zu denken, wenn irgend möglich über unsere Körperlichkeit hinweg hin zu einer Materialität des Immateriellen. Im Radiogarten: eine Materialität der Frequenzen.

Indem wir uns dem Garten zuwenden, werden wir der unsichtbaren Übermittlung von Information gewahr, die zwischen Pflanzen, zwischen Insekten, zwischen Menschen, zwischen lebenden Zellen, Molekülen, Bakterien passiert, in allen diesen und in jeglicher Kombination untereinander und unaufhörlich. Zuweilen müssen wir uns verlangsamen, um Details zu bemerken, um uns zu konzentrieren, zu fokussieren, zu grübeln. Um uns zu entschleunigen. Um der Geschwindigkeit und dem Zwang entgegenzuarbeiten, mit denen menschliches Bestreben auf die Erde einwirkt.

Einige sagen, die Erfahrung des Sterbens sei zwiefältig: Die Zeit verlangsamt sich während die Bilder im Geiste vorbeirasen. An dieser Stelle möchte ich einen Bilderbogen des letzten Tages von Datscha Radio17 einfügen, der langsam zu lesen ist:

  • ein Text über die Interaktion elementarer Strömungen, die in einer Brise enthaltenden Codes des Universum, gelesen zu Aufnahmen aus einem Windkanal
  • Gespräche darüber, wie man weiterlebt, wie die Saat der persönlichen Essenz nach dem Tode sich verstreut, und wie sie plötzlich an unerwarteten Orten erneut zu wachsen beginnt;
  • ein Lauschen auf Details unserer unmittelbaren Umgebung in Anbetracht unser ganz persönlichen Empfindungen
  • ein Eintauchen unserer Köpfe unter Wasser, um zu hören, was die Sirenen zu sagen haben
  • Singen, spontan, zusammen
  • Gespräche mit Pflanzen über ihr Wurzelkommunikationssystem und das Wissen ihrer Vorfahren
  • Eine achtsame, achtsame Gartenschau um Musik aus Luft und Wasser zu machen
  • Das Staunen über die unendliche Menge an Erdinsekten und der seismischen Vibrationen
  • Ein an die Grenzen bringen unserer Sinne um den Duft der Lüfte zu riechen

Aber lassen wir uns dies nicht als ein Ende betrachten, sondern als ein Schritt in Richtung winterliche Erneuerung. Dieses Jahr sah eine reiche und gute Ernte im Datscha-Garten, und dieser Katalog ist nur eine seiner vielen Früchte. Andere – äthergeborene – haben sich bereits als elektromagnetische Wellen in alle Elemente zerstreut oder bilden mit anderen Überbleibseln Kompost und neue Nährstoffe heran, um sie untereinander zu teilen und den Boden anzureichern. Bei den richtigen Temperaturen werden sie erneut zum Vorschein kommen.

***Am Ende wird es immer noch Radio geben.***

Translation: Gabi Schaffner

 

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Text: Rafik Will

Radio machen und Radio hören, Arbeit im Garten und Erholung im Garten – was kommt bei einer Kombination dieser Komponenten zum „Radiogärtnern“ heraus? Dieser Frage widmete sich die temporäre Sendestation Datscha Radio. Im Sommer 2017 blühte sie am Stadtrand von Berlin für fünf Tage wieder auf. Eines wurde dabei klar: die kraftvolle Symbiose sprengte den Rahmen, den Radio und Garten jeweils für sich haben.

Kein schallisoliertes Sendestudio in einem pförtnerbewachten Prachtbau fand man hier vor, sondern eine gemütliche Datscha, die das Mikro nicht nur für geladene Gäste, sondern auch für Überraschungsbesucher öffnete. Und das waren nicht nur internationale Klangartisten oder Nachbarn aus der Gartensiedlung, sondern auch die singfreudigen Vögel aus der Gegend und mitunter sogar Pflanzen. Denn auch Kartoffeln oder Pfingstrosen können sich äußern. Nicht über Sprache, aber über andere, elektrische oder duftende Wege. Kommunikation mal anders.

Ein wenig fühlte man sich bei diesen wundersamen  Entdeckungen an die „Pherinfon”-Netze aus Dietmar Daths Science-Fiction-Roman „Die Abschaffung der Arten“ erinnert, in dem die Nachfahren der Menschen sich über ein Informationssystem auf dem Laufenden halten, das auf speziell designten Duftmolekülen basiert. Die Gente können bei Dath einfach erschnuppern, was gerade so abgeht. Und die Pflanzenwelt setzt diese Science-Fiction heute schon um! Ist Datscha Radio17  also auch als futuristische Übersetzungsmaschine für die Verständigung mit der Pflanzenwelt zu sehen, die für einen Durchbruch in den Mainstream ihrer Zeit einfach zu weit voraus ist? Warum nicht!

Kommunikation war ein wichtiges Stichwort beim gesamten Datscha Radio. Denn hier ging es nicht nur darum, möglichst viele Personen für das eigene Programm zu interessieren. Auch die kommunikative Interaktion mit dem eigenen Publikum sowie mit dem eigenen Produktionsort, dem Biotop des Gartens, spielten eine wesentliche Rolle. Was die gesellschaftliche Rolle des Gartens heute ist und künftig sein kann, auch dies wurde in verschiedenen Diskussionsrunden lebhaft erörtert.

Aber auch als akustische Galerie gab Datscha Radio eine hervorragende Figur ab. Wer zu Besuch in diese offene Gartengesellschaft kam, konnte Lyriklesungen unterm honiggelben Mond lauschen, Livekonzerten mit Grillenbegleitung beiwohnen oder die verschiedenen, beinahe vom ganzen Globus übermittelten Gastbeiträge bei einem Glas Apfelwein auf sich wirken lassen.

Fazit: Das Konzept „Radiogärtnern“ überzeugt. Der Garten wird von der abgeschotteten Parzelle, in der ein Alleinherrscher über Wohl und Weh der Pflanzen entscheidet zu einer echten Begegnungsstätte für diverse Lebensformen. Eine solche Politik der offenen Grenzen ist praktisch gelebte Utopie in Zeiten zunehmender Abschottungstendenzen und ein echter Lichtblick. Und das Radio wird vom Einbahnstraßen-Medium zur beteiligungsgeprägten Medienplattform. Sogar das Hören selbst wird bei Datscha Radio17  nicht wie sonst beim Hörfunk nur am Frühstückstisch in den eigenen vier Wänden vollzogen oder im Auto. Also entweder alleine oder in der vertrauten, aber geschlossenen Gesellschaft von Familie, Freunden oder Bekannten. Beispielhaft dafür stehen gartenbasierte Hörergruppen, die sich an verschiedenen Orten zusammenfanden.

Nur ein kleiner Wermutstropfen bleibt: Die kurze fünftägige Blühdauer von Datscha Radio17. Aber wie eine Staude, die nach dem Blühen überwintert, wird bestimmt auch Datscha Radio in einem kommenden Sommer wieder seine Blüten treiben und als seltenes Gewächs die Radiolandschaft erhellen.

 

 

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Hans KellettDer neuseeländische Künstler Hans Kellett streifte täglich durch die umliegenden Gärten und entlang des Berliner Mauerpfads, um das Gespräch mit den Menschen vor Ort zu suchen. So erblühte eine Serie von Poemen,
die natürlich auch ihren Weg ins Radio fanden.

Hier sind zwei davon…

 

LOW-MAINTANANCE BORDERS

 

I’m tending my parents‘ grave
 here in the Rosenthal Cemetery
 and I’m trimming the hedge.
 I think you have to do it twice a year
 I do it in spring and late summer
 I don’t know if that’s the right way to do it, but it suits me that way.
 It’s not raining, and it had to be done,
 so I thought I’d do it today
 I’ve been doing this for ten years
 since my parents died
 two-thousand-and-one
 or… yeah…
 two-thousand… um… nine.
 Since then.
 It’s like my little garden,
 because I don’t have any other garden.
 And it’s big for a grave –
 a double grave two by two metres,
 not just a little spot for an urn.
 There’s a bit to be done.
 I decide spontaneously what to plant, and how
 I wanted something taller, that offered some shade
 So I chose this Japanese Maple,
 a little one
 a couple of roses
 and the rest more ground cover.
 I like the maple: it has such a beautiful colour, its reddish leaves.
 My mother chose this spot when my father died
 they – so to speak – reserved a double
 so they are both buried here now.

But it’s a beautiful little cemetary
 and there is a tawny owl up in the church
 you can see it even in the day.
 He observes everything
 he’s always been there, I think
 as long as…
 I don’t know how old they get
 if that’s already the next generation.
 When I trim the hedge,
 it should just be a bit straighter
 afterwards…
 a bit shorter, a bit narrower
 otherwise…
 usually you’d use a string –
 stretch it along the sides
 so you have the same height all around
 and go by that
 but it’s not such a big hedge
 what is it?
 thirty centimetres?
 or twenty-five?
 It’ll be enough if I measure it by eye…
 Then Ines and I walk round to see
 The tawny owl in the chapel wall – it’s one of three
 To me it looks first like a loaf of wholemeal bread
 perched in a niche, til two slit eyes turn bread to head
 And Jörg’s eyes are both opened now
 He asks his phone, and tells us how
 tawny’s been crowned ‘Bird of the Year’
 A cloud moves on,
 the sky’s trimmed clear.

GARDENING ON SANDY SOIL

The Spree shifts
casting drifts of
fine sand,
scattering its broad banks
with silica seeds.

And Lisa loves dill,
so she hopes that it will grow
in the sandy soil
of her city satellite.
She was fire and flame for a garden.

But Prussian sand
is stronger-willed
than April
stronger
in its multitude of grains
than dill can deal with.

In the centre 
of the sparsely-grassed lawn
a stand of tree.

Its name means
‘Tree of Life’
and yet
it is eternal uninvited guest
at burials.

Cypressaceae –
its sap
can stop
your planting plans.

You can’t compost it.

Members of its family
hang around like paparazzi
like oglers at a car crash,
the bouncers at 
Böcklin’s Hotel California.  

This sand, though
is more giving
than the chalky cliffs
of The Isle of the Dead.

It whispered to Lisa
of Old Frites
and so they came,
the end of season staple -
pink, and white,
and glossy with butter.

Now she’s not planting,
but shaping,
shifting the soil into a
productive patchwork

Tonight
there’ll be a barbeque
and soon
she’ll harvest her herbs.
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Text: Niki Matita

Der vierte der schönen Augusttage in Rosenthal schmierte uns Honig ums Maul und schiss uns auf den Kopf. Es zwitscherte, tirilierte, summte und brummte im Äther. Wir widmeten uns der Fauna, insbesondere Bienen und Vögeln, die auch für die meisten Einsendungen des Open Calls die prototypischen Gartengeräuschquellen darzustellen schienen. Doch auch Schnecken und andere Kreaturen wurden beschallt, Geister befragt und vergessene Exzentriker vorgestellt.

Stadtluft macht frei, wussten schon die Bremer Stadtmusikanten, und vielen Wildtieren, die sich mehr und mehr aus Feldern und Wäldern in die Städte fliehen, mag es ähnlich gehen. Ungestört von Landmaschinen und Pestiziden können sie in Häuserfluchten und Schrebergärten brüten, balzen, nisten und reichlich, obschon oft artungerechte, Nahrung finden.

Kommt ein Vogel geflogen/Setzt sich nieder auf meine *Antenne*. Amsel, Drossel, Fink und Star sind unsere nächsten Nachbarn, bewohnen auch im Datscha-Garten kostenlose Pachthöhlen und Nistkästen. Hörspielautorin Antje Vowinckel brachte mit “Kuckucke gucken” einen Beitrag zu selbigen Brutparasiten mit, der die Arbeit des englischen Hobbyornithologen und manischen Eiersammlers Edgar „Cuckoo“ Chance würdigte.  

Der Gesang der FlugartistInnen hatte es der südamerikanischen Künstlerin Suetszu besonders angetan, die sich in ihrer Turntableperformance Flightmaster’s Whistle mit ornithoakustischen Feldaufnahmen beschäftigte und diese musikalisch zu einem federleichten Zwitschersoundtrack verwob. Die Musikerin und schamanische Heilpraktikerin Zelda Panda nahm Kontakt zu den Tiergeistern im Datscha-Garten auf, schaute Falken und wurde zu später Stunde leider von distanzlosen Mücken und Bremsen heimgesucht, auf die sie besonders attraktiv wirkte.

Kehre heim mit reicher Hab/Bau uns manche volle Wabe/summ, summ, summ!/Bienchen summ herum! Manche mögen einwenden, das geschehe nicht freiwillig und sei daher ein räuberischer, brutmörderischer Akt; andere stellen ihren persönlichen Genuss am Produkt über die Ausbeutung der Kreatur und delektieren ihren Gaumen am Wabengold von Honigbienen. Dominik Jentzsch und Caroline Schaminet stellten in der “Diskussion am Mittag” das Projekt „Berlin summt“ vor, welches besonders bienenfreundliche Gärten auszeichnet und über die Apinae informiert. Dabei liegt der Fokus nicht allein auf der Imkereiverwertung, sondern auch auf Wildbienen, Hummeln und Hornissen, die ebenso maßgeblich für die Bestäubung von Nutz- und Zierpflanzen verantwortlich zeichnen und unser aller vegetabilisches Nahrungsangebot erst möglich machen. Wie wusste schon Inox Kapell? Insektenarbeit ist Millionen wert!

Himmel und Erde müssen vergeh’n/aber die Musici, aber die Musici/aber die Musici bleiben besteh’n. In Bauchlage begab sich der Klangkünstler Marek Brandt für seine Musik für Nacktschnecken, einer eigens für Datscha Radio17 geschaffenen Komposition seiner Langzeitreihe Musik für Tiere, für die er vorab das Hörvermögen und den musikalischen Geschmack der zu beschallenden Spezies erkundet und dann standortspezifisch in Klang umsetzt. Die Adressatinnen seiner Tonsetzung fanden sich entsprechend amüsierfreudig auf den Tieftönern ein.

Ein Livekonzert in traditioneller Besetzung mit Stimme und Gitarre gab Junge Haut aus Hamburg, die perfekte Tafelmusik zum indonesischen Gado Gado, welches am langen Tisch kredenzt wurde und Datscha-Team und Gäste ins schwärmerische Schlemmen brachte und für die letzte Nacht des Festivals stärkte

 

 

 

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Text: Verena Kuni | Niki Matita

plants&empire/ArchieArchive (M. Langeer-Philippsen)

Wenn unter dem Pflaster der Strand wuchert, was wuchert dann unter dem Rasen und den Beeten? Vielleicht sind es die Urwälder einer Zukunft, die nicht mehr unsere sein wird. Denn die haben wir möglicherweise bereits verspielt. Sicher: in unseren Gärten träumen wir nach wie vor vom Paradies. Einen Ort, der keinen Sündenfall kennt: Blühende Landschaften, die uns über den rücksichtslosen Raubbau an allen nur denkbaren Ressourcen hinwegtäuschen; grüne Kleinode, die uns vorgaukeln, dass wir die verlorene Vielfalt jederzeit wieder hervorzaubern können; Gemeinschaftsgärten, in denen wir jene Sorge um das Soziale vortäuschen, von der wir im Alltag sonst nichts wissen wollen. Hier malen wir uns die schönsten Bilder, stellen sie aus und uns hinein. Der Baum der Erkenntnis ist allerdings längst gefällt – als Ausgleichsmaßnahme haben wir ein Arboretum gepflanzt, in dem wir jederzeit nachlesen können. Früher musste man weite Reisen in Kauf nehmen, wollte man es besuchen, um sein Wissen zu mehren. Heute fliegen wir wohin auch immer, um unter dem Vorschein des Kosmopolitismus und auf Kosten des Klimas unseren Urlaub zu genießen – während wir uns dank unserer Informations- und Kommunikationstechnologien sicher wähnen, dass uns alles notwendige Weltwissen und damit die Welt mit einem Wisch jederzeit und überall offensteht. Allerdings eben nur virtuell. Was es für manche umso romantischer erscheinen lässt, mit den eigenen Händen tatsächlich in echtem Dreck wühlen zu dürfen – vorausgesetzt, es handelt sich dabei um die heimische Scholle und nicht um Mülldeponien mit Computerschrott.

Aber was, wenn letztere inzwischen die eigentlichen Gärten unserer Natur wären: die stinkenden, toten Beete der Technologie, die wir täglich so eifrig bestellen? Immerhin zählen Gärten seit je zu jenen Orten, in deren Gestaltung sich nicht nur abbildet, wie der Mensch “Natur” als etwas erträumt, das er beherrschen kann. Seit jeher sind Gärten auch Techno-Natur-Kulturen im eigentlichen Wortsinn, was sich in den unterschiedlichsten Aspekten ihrer Konzeption, Anlage und ihrer Nutzung widerspiegelt. Über Jahrhunderte hinweg haben Menschen ein denkbar breites Spektrum an Werkzeugen und Techniken entwickelt, die darauf ausgerichtet sind, direkt an und mit lebenden Organismen zu operieren. So auch für das Gärtnern: Ob es nun um die Aufbereitung des Bodens geht oder um die Kontrolle des Wachstums, der Ausbreitung und des (Über-)Lebens von Arten – die Vernichtung vorhandener und die Züchtung neuer Lebewesen eingeschlossen.

Und nun, da wir zunehmend mit den Folgen unseres von Egoismus, Gier und einem rational kaum mehr begründbaren Fortschrittsglauben geleiteten Umwelthandelns konfrontiert werden, sollen es die Gärten richten: Als Biotope und Refugien der verschwindenden Vielfalt, als Erfahrungsräume und Lernorte, die sensibilisieren und Wissen vermitteln von etwas, das längst verloren ist. Dem haben wir in unserem Radio-Garten nachgelauscht, die Antennen in den Beeten auf Empfang.

[Auszug aus: ECHO (DER GARTEN, DANACH)] Verena Kuni

Zwischen Kunst und Naturwissenschaft sind die Arbeiten von Kat Austen angelegt, die von ihrer künstlerisch-akustischen Forschung in einer Weltgegend berichtete, die wohl die wenigsten mit Natur und Gärten in Verbindung bringen: sie brachte in der Arktis Wasserproben zum Klingen – und zur allgemeinen Freude wurden auch Flüssigkeiten im Datscha-Garten auf ihre Klangqualität untersucht. “Archie Archive” ist das Alter Ego des Radiokünstlers Marold Langer-Philippsen, der sich, unter der Kiefer des Gartens experimentierend sein ganz eigenes Biotop im Datscha-Garten schuf: eine Sprechtrance und mäanderndes Selbstgespräch, dessen Ausgang für Publikum und Künstler gleichermaßen überraschend war. Einen anderen Zugang zum Biotop des Gartens präsentierte die Radiomacherin Christina Ertl-Shirley mit ihrem Projekt “plants and empire”, welches die von Pflanzen generierten Klänge mittels Elektronik für das menschliche Ohr übersetzte.

Niki Matita

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Text: Gabi Schaffner

Concrete pig4Datscha Radio: Courtesy Karl Heinz Jeron

„Merde – C’est une belle chose“ – die radiophone Eröffnung des zweiten Radiotags beginnt mit einem Zitat Alfred Jarrys und einer Kontemplation dieser besonderen Masse seitens der Künstlerin Kerry Morrison. Ihr Text „Body Garden Experiments“ schildert den interkontinentalen Transport von Samen. Der Körper als Katalyst für Vermehrung und Verbreitung, Transport und Evolution: „Der ,Abfall‘ meines Körpers war eindeutig nicht nur Abfall. Er trug Fruchtbares in sich.“

Datscha Radio17s „Neue Symbiosen“ nahmen in ihrer Verbindung von Essen, Biologie, Radio(machen), Ökologie und Experiment den ganzen Tag über neue Gestalt an. So taucht im Nachsinnen über seine Essenz der Gedanke auf, ob ein Radiotag nicht auch als Körper betrachtet werden kann. An diesem lang gestrecktem, teils gewundenen, teils durchscheinendem Körper, der sich über Radiowellen in den Garten und die Welt ausbreitet, gibt es Öffnungen und Auswüchse, es gibt schüsselförmige Kuhlen, in denen Tomaten neben Fischen lagern und mit Leuchtdioden versehene Tentakel, die verschiedenste Signale abstrahlen. Dieser Körper ist nicht menschlich und er ist nicht Garten. Er ist keine Züchtung – natürlich nicht – und er ist kein System. Vier Beispiele aus unserem symbiotischen Sendekörper müssen genügen, um ein Streiflicht auf die Ereignisse des Tages zu werfen.

Raymond Brouwers von Urban Street Forest erreicht die Datscha gerade rechtzeitig zu „Carte Verte“. Es sollte uns doch klar sein, sagt Raymond, dass unser (westlicher) Lebensstil Landschaften anderswo aufzehrt, ihnen Wasser, Energie und Ressourcen nimmt. In einer Verknüpfung von vertikaler Städtebegrünung und Wiederaufforstungsinitiative wird für jeden gepflanzten Baum ein weiterer in von akuter Wüstenbildung bedrohten Gebieten gepflanzt. Seine „One Tour Tree Forest“-Tour wird ihn diesen Winter durch ganz Europa führen, wo er neue Begrünungsobjekte ausspähen wird.

Das Zuhause der Symbiose ist der Zwischenraum. Dort wohnt sie, hier baut sie ihre Verbindungen auf: Zwischen den Gebäuden der Stadt, zwischen den Kontinenten, zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen, zwischen Mensch und Maschine. In ihren semiopaken Tiefen, versteckt in den leuchtenden Falten ihrer Existenz vereinen sich Frage und Antwort, Irrtum, Wunder und Tatsache. Was könnten Wissen und Lernen in der Zukunft bedeuten?

Unser Radiokörper nimmt nach kurzem Zögern und dem Versuch eine Motte zu imitieren die Gestalt von Orchideenblüten an. In „Hidden Elements: reciprocal knowledges” von Shanti Suki Osman und Kate Donovan bilden sich zirkuläre, von „Wows“ unterbrochene Gesprächswirbel über die Kommunikation nicht-menschlicher Gartenbewohner heraus: Es gibt Orchideenarten, die den Leib weiblicher Wespen als Blüte nachbilden um den entsprechenden Befruchtungspartner anzulocken. Andere wiederum sind in der Lage einen Klang zu erzeugen, der der Frequenz potenzieller Beuteinsekten ähnelt…

Einige Stunden später:
Aus dem Griff eines Messers windet sich ein dünnes schwarzes Kabel, das im undurchschaubaren Gewirr auf dem Tisch zu einem Keyboard und diversen Schaltern führt. Kaisa Justkas „Singing Kitchen“-Performance führt Essbesteck und Zubehör, Musik und Elektronik zu stets neu improvisierten Klanglandschaften zusammen.

Neue Symbiosen: Erfordern sie Vorstellungskraft, brauchen sie ihre Erfindung oder könnte es genügen, Vorhandenes in immer wieder neue Schwingungen zu übersetzen? Ist nicht das Radio selbst ein symbiotischer Quell der Kommunikation und des „Weltempfangs“? Gegen Ende des Tages öffnen sich die Kanäle des Datscha Radio-Körpers für ein Frühstück am anderen Ende der Welt. Wir senden und senden nicht: Sophea Lerners „Saturday Night Breakfast“ aus Sydney wird über unseren Server übertragen, während wir im nächtlichen Garten die Reste des Tomatensalats aufzehren und lauschen. Neue Saaten für Kopf und Körper!

 

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