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Tag 4: Bienen und Vögel

Text: Niki Matita

Der vierte der schönen Augusttage in Rosenthal schmierte uns Honig ums Maul und schiss uns auf den Kopf. Es zwitscherte, tirilierte, summte und brummte im Äther. Wir widmeten uns der Fauna, insbesondere Bienen und Vögeln, die auch für die meisten Einsendungen des Open Calls die prototypischen Gartengeräuschquellen darzustellen schienen. Doch auch Schnecken und andere Kreaturen wurden beschallt, Geister befragt und vergessene Exzentriker vorgestellt.

Stadtluft macht frei, wussten schon die Bremer Stadtmusikanten, und vielen Wildtieren, die sich mehr und mehr aus Feldern und Wäldern in die Städte fliehen, mag es ähnlich gehen. Ungestört von Landmaschinen und Pestiziden können sie in Häuserfluchten und Schrebergärten brüten, balzen, nisten und reichlich, obschon oft artungerechte, Nahrung finden.

Kommt ein Vogel geflogen/Setzt sich nieder auf meine *Antenne*. Amsel, Drossel, Fink und Star sind unsere nächsten Nachbarn, bewohnen auch im Datscha-Garten kostenlose Pachthöhlen und Nistkästen. Hörspielautorin Antje Vowinckel brachte mit “Kuckucke gucken” einen Beitrag zu selbigen Brutparasiten mit, der die Arbeit des englischen Hobbyornithologen und manischen Eiersammlers Edgar „Cuckoo“ Chance würdigte.  

Der Gesang der FlugartistInnen hatte es der südamerikanischen Künstlerin Suetszu besonders angetan, die sich in ihrer Turntableperformance Flightmaster’s Whistle mit ornithoakustischen Feldaufnahmen beschäftigte und diese musikalisch zu einem federleichten Zwitschersoundtrack verwob. Die Musikerin und schamanische Heilpraktikerin Zelda Panda nahm Kontakt zu den Tiergeistern im Datscha-Garten auf, schaute Falken und wurde zu später Stunde leider von distanzlosen Mücken und Bremsen heimgesucht, auf die sie besonders attraktiv wirkte.

Kehre heim mit reicher Hab/Bau uns manche volle Wabe/summ, summ, summ!/Bienchen summ herum! Manche mögen einwenden, das geschehe nicht freiwillig und sei daher ein räuberischer, brutmörderischer Akt; andere stellen ihren persönlichen Genuss am Produkt über die Ausbeutung der Kreatur und delektieren ihren Gaumen am Wabengold von Honigbienen. Dominik Jentzsch und Caroline Schaminet stellten in der “Diskussion am Mittag” das Projekt „Berlin summt“ vor, welches besonders bienenfreundliche Gärten auszeichnet und über die Apinae informiert. Dabei liegt der Fokus nicht allein auf der Imkereiverwertung, sondern auch auf Wildbienen, Hummeln und Hornissen, die ebenso maßgeblich für die Bestäubung von Nutz- und Zierpflanzen verantwortlich zeichnen und unser aller vegetabilisches Nahrungsangebot erst möglich machen. Wie wusste schon Inox Kapell? Insektenarbeit ist Millionen wert!

Himmel und Erde müssen vergeh’n/aber die Musici, aber die Musici/aber die Musici bleiben besteh’n. In Bauchlage begab sich der Klangkünstler Marek Brandt für seine Musik für Nacktschnecken, einer eigens für Datscha Radio17 geschaffenen Komposition seiner Langzeitreihe Musik für Tiere, für die er vorab das Hörvermögen und den musikalischen Geschmack der zu beschallenden Spezies erkundet und dann standortspezifisch in Klang umsetzt. Die Adressatinnen seiner Tonsetzung fanden sich entsprechend amüsierfreudig auf den Tieftönern ein.

Ein Livekonzert in traditioneller Besetzung mit Stimme und Gitarre gab Junge Haut aus Hamburg, die perfekte Tafelmusik zum indonesischen Gado Gado, welches am langen Tisch kredenzt wurde und Datscha-Team und Gäste ins schwärmerische Schlemmen brachte und für die letzte Nacht des Festivals stärkte

 

 

 

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