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Die Lesestunde

Übliche Zeit: Mo 26. August -Fr. 31.August, 11-12 Uhr. Ausnahme: Sa. 25. August, 13-14 Uhr

Die Lesestunde widmet sich dem Garten in einer Mischung von Prosa, Observation, Meditation, Poesie, Fachliteratur, Hörstück, Interview und Improvisation. Gelesen werden teils eigene, teils fremde Texte. Für die passenden Musiken wurde heftig recherchiert: Wer weiß schon, wie viele Songs es speziell zum Thema “Herbstlorcheln” oder “Rettiche” gibt und welche Musik spielt man zu einer Abhandlung über “Gärtnerameisen”?

Lesestunde 1: Die Pilzstunde

Sa. 25. August 13-14 h und 22-23 h auf reboot.fm
Mit Texten von Wladimir Solouchin, Gabi Schaffner, Gustav Schenk, Knut Hamsun, Friedrich Nietzsche, Silvia Plath, John Cage und Pilzjagd-Videotonspuren aus dem Internet. Gelesen von:  Ulrike Stöhring, Matthias Scheliga, Michaela Schimun und Gabi Schaffner.

Lesestunde 2: Rattengarten

So. 26. August, 11-12 h
Nach dem gleichnamigen Text von Ulrike Stöhring. Der zweite Text von ihr trägt den Titel “Lippenblütler heilen den Kopf”. Ergänzt um Passagen aus “Geheimnisse des Küchengartens”, “Phänomene der Inneren Topografie”, Prosa von H.C. Artmann, Gedichte von Bettina von Arnim, Theodor Storm, Heinrich Heine, Hans Christian Morgenstern und Georg Trakl. Gelesen von: Ulrike Stöhring, Matthias Scheliga, Michaela Schimun und Gabi Schaffner.

Lesestunde 3: Wo die Seele aufblüht. Doris Bewernitz zu Gast bei Datscha-Radio

Mo. 27. August, 11-12 h
Wo die Seele aufblüht – Warum ein Garten glücklich macht. Der Titel täuscht, der Buchumschlag ebenfalls. Die Geschichten von Doris Bewernitz sind weder weltversöhnend noch irgendwie esoterisch. Sondern schön beobachtete, feingliedrige Schilderungen aus der Gartenwelt und ihrer Bewohner… ob Mensch oder Tier.

Di. 28. August, 11-12 h
Lesestunde 4: Mirrors of Infinity – Garden and Radio Architecture
Allen S. Weiss im Gespräch mit  Pit Schultz
Mr. Weiss hat mit  “Mirrors of Infinity  – The French Formal Garden and 17th-Century Metaphysics” ein Buch geschrieben, in dem er die Gärten des 17. Jhs. (Versailles, Vaux-le-Vicomte, Chantilly) im Spiegel der ihnen verbundenen Metaphysik und Ästhetik, der herrschenden Machtverhältnisse und im Hinblick auf die sich eben formierende Wissenschaft der Optik analysiert. Doch ist dies bei weitem nicht alles. Ein hoch interessantes Gespräch!

Mi. 29. August, 11-12 h
Lesestunde 5:  Mit Alexander von Humboldt in den Garten der Natur

Frau Kuni und Frau Schaffner blättern im großen Humboldt: Taxonomien, Nackt- und Bedecktsamer, gesellige und ungesellige Bäume, Zahlenpoesie und -prosaik. Dazu aus Christian Grunerts Gartenbuch ein Kapitel über den Wert der Malven im Garten und das Phänomen der Feuerwanzen auf ihnen (und auf der Stockrose, Alcea, die zur Familie der Malvengewächse zählt).

Do. 30. August, 11-12 h
Lesestunde 6:  Epikur und Ameisen

Was vermeintlich als einigermaßen surrealer Titel daher kommt, zeigt sich doch im Lichte der tatsächlich auf Erden (Algerien, Texas) weilender “ackerbautreibenden” Ameisenstämme in gewissem Zusammenhang:

“Graben, pflanzen, schneiden, pflücken, gießen, grillen, trinken,essen, plaudern, flirten, im Schatten oder in der Sonne dösen und vieles andere mehr gehören zu den Tätigkeiten im Garten, die es noch lange geben wird. Aber eine ganz wesentliche und einst sogar charakteristische Beschäftigung ist inzwischen seltener geworden und vielleicht auch schon ausgestorben. Das ist das Philosophieren im Garten.”

Dietmar Becker hat einen brillianten Text geschrieben (zuerst veröffentlicht in GadF 381 II/2007 ), der sich mit der Gartenphilosophie Epikurs auseinandersetzt. Maurice Maeterlinck hat in seinem Buch “Das Leben der Ameisen” wiederum drei Stämme von sogenannten “Gärtnerameisen” beschrieben. Menschen also, und Ameisen. Beides Gärtner.
Und dann: der persische Dichter Rumi! Die Kombination lässt viele Fragen offen. Und so soll es sein.

Beide Texte gelesen von Matthias Scheliga; die Gedichte von Rumi gelesen von Michaela Schimun.

Musik: Brian Eno, Steve Reich und Faramarz Payvar.

 

 

 

 

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Der neue deutsche Stil in der Gartenkultur war unlängst im Gespräch. Neben Präriegärten, die eine Gartenkultur der Wüste im mitteleuropäischen Klima wiederherzustellen versuchen, liegt der Zen-Steingarten sehr im Trend. Das Konzept von Standort und Platz  in der Japanischen Kultur wurde vom Heidegger Schüler Kitaro Nishida durchdacht. Ich hatte Tetsuo Kogawa gebeten, seine Wirkung auf Mini-Fm Rundfunkprojekte wie Datscharadio zu erläutern, welche in einem ostdeutschen Garten stattfindet, der zu einen künstlerbetriebenen Garten wurde.

In unserer Emailkonversation vom 19.08.2008 schrieb Tetsuo Kogawa:

Nishida umdenken: Jeder Text hat Möglichkeiten ihn weiterzudenken, seinen Ursprung zu überdenken, und sogar misszuverstehen. Wie du weisst, ist Nishida’s ‘Basho’ ein Zentralbegriff seiner Metaphysik.  Er versuchte, seine Metaphysik mit Ideen des Zen und des japanischen Buddhismus’ zu verbinden (besonders denen von Taisetsu Suzuki– — er ist viel interessanter als Nishida und beeinflusste auch John Cage). Aber ich muss sagen, dass, so lange man bei der Lektüre von Nishida’s japanischen Texten bleibt, sind diese sehr hermetisch-esoterisch geschrieben. Das ist ganz im Unterschied zu Heidegger.  Wie Erasmus Schoefer (“Die Sprache Heidegger’s”) geistvoll dargestellt hat, ist Heideggers Sprache ‘logisch’ (nach Husserl’s Begrifflichkeit sollte sie in der “transzendenten Logik” nicht “formalen Logik” verstanden werden). Nishida ist keinenfalls so. Seine Texte sind prätentiös. Ausserdem gibt es das Problem der japanischen Sprache. Sie ist völlig verschieden vom Deutschen. Sie ist im Grunde mehrdeutig. In diesem Sinne ist jede Übersetzung nur eine mögliche Ausdeutung seines Textes.

Auch sprichst du über ziemlich konkrete Themen wie Radio und Internet. Nishida diskutiert sicherlich über Technik, aber er war komplett taub gegenüber dem, was heute in der Technologie passiert. Er war ein Mann des alten Idealismus. Du kannst ihn reinterpretieren, aber für einen Leser, der seine Texte im japanischen Original liest, stellt jede Reinterpretation in Form einer  Übersetzung eine Fehlinterpretation dar. Übrigens steigt Haruki Murakami gerade aufgrund einer solchen “Fehlübersetzung” zu einem internationaler Schriftsteller auf.

Semiologisch gesehen, kann man seine Texte frei verwenden. Tatsächlich verdanken sich viele seiner Ideen einer Art von Fehlübersetzung der ursprünglichen, griechischen Philosophentexte. Nishidas politisches Interesse beschränkte sich auf sein Engagement für den rechten Flügel. Auch dies ist ein großer Unterschied zu Heidegger, der gewitzt genug war, seine Verbindungen zur Nazi-Partei in dem Moment abzubrechen, in dem ihm klar wurde, worum es sich hier handelte. Zwar wurde diese “Kehre” von Adorno angezweifelt, doch einen Sinn für Politik hatte Heidegger allemal.

In der Tat mag also die Fehlübersetzung die Ursache sein für eine ganze Reihe gärtnerischer Entwicklungen in den gegenwärtigen Trends der Gartenkultur.

Tetsuo Kogawa ist ein Pioneer der DIY Mikro-fm-Bewegung. Die Mikro-fm-Transmitter werden von ihm im Rahmen seiner live-Performances und Workshops als künstlerische Musikinstrumente eingesetzt. Seine “open hardware circuits” werden weltweit nachgebaut: Das analoge Format von Mikro-fm  ist somit zu einer eigenständigen Kunstform geworden.

Kogawas Vorschlag:

>> Ich denke, um eine minimale Interaktivität zu erzielen, werde ich eine Auswahl der Gartenbilder (Blumen und Bäume) in Klänge umwandeln. Diese Klänge werden automatisch ins Netz gesendet, und ihr könnt sie in Euer Programm aufnehmen. <<

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